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Abschätzung der Netzimpedanz anhand von Betriebsmittelkenndaten

Updated: Jun 23, 2020


Die elektrischen Eigenschaften eines Anschlusspunktes zum öffentlichen elektrischen Energieversorgungsnetz werden über die anliegende Netzspannung und den inneren Widerstand charakterisiert, welche auch als Netzimpedanz bezeichnet wird. Die Netzspannung an einem Netzverknüpfungspunkt (NVP) ist meistens bekannt und kann zudem relativ einfach gemessen werden. Eine genaue Bestimmung der Netzimpedanz ist jedoch deutlich aufwendiger. Für die Nennfrequenz des Netzes lässt sich eine ungefähre Abschätzung der äquivalenten Längsimpedanz eines Anschlusses anhand von Betriebsmittelkenndaten durchführen. Dabei ist der Betrag der Impedanz bei der Netznennfrequenz von großem Interesse, da dieser zusammen mit der Netzspannung die maximale Kurzschlussleistung und damit die Kapazität eines Anschlusses definiert. Neben der maximalen Kurzschlussleistung ist aber auch das Verhältnis von Resistanz und Reaktanz (R/X) bzw. der daraus resultierende Phasenwinkel der Netzimpedanz von Bedeutung. Betrag und R/X-Verhältnis bestimmen die durch Leistungsflüsse erzeugten Spannungsänderungen an einem NVP und sind speziell bei der Auslegung und Regelung von netzgekoppelten leistungselektronischen Stromrichtersystemen wichtige Parameter. Dabei legt die Netzimpedanz die maximal mögliche Wirk- und Blindleistungseinspeisung oder -entnahme der Systeme fest und somit auch deren Fähigkeit zur Spannungsregelung an einem NVP. Zudem ist die komplexe Netzimpedanz bei der Auslegung von Filter- und Kompensationsanlagen von Erzeugern und Verbrauchern eine relevante Größe, da bei deren genauen Anpassung (Feintuning) stets auch die Impedanzverhältnisse des Anschlusspunktes berücksichtigt werden sollten.

Wenn exakte Daten verfügbar sind, kann die Modellierung und Analyse von Netzen bei der Netzfrequenz, wie z.B. Lastfluss- oder Kurzschlussberechnungen, durch analytische Betrachtungen oder numerische Berechnungen in Simulationsprogrammen mit zufriedenstellender Genauigkeit durchgeführt werden. Dabei ist meistens schon eine geringe Modellierungstiefe ausreichend, um akzeptable Ergebnisse zu produzieren. Eine ungefähre Bestimmung der Netzimpedanz kann dabei durch eine Abschätzung der Kurzschlussleistung bei der Netzfrequenz erfolgen. Die Netzimpedanz wird überwiegend durch die Kurzschlussleistung des vorgeschalteten Netzes, die Nennleistung des verbundenen Transformators sowie die Art und Länge der Leitung zu einem NVP bestimmt. Anhand dieser Kenndaten können die ungefähren Längsimpedanzen der Betriebsmittel bestimmt und zu einer resultierenden Kurzschlussimpedanz addiert werden.

Bestimmung der Längsimpedanz des vorgeschalteten Netzes:

Der ungefähre Betrag der Innenimpedanz eines speisenden Netzes ergibt sich dabei aus der einfachen Beziehung





mit der Netznennspannung in kV und der Kurzschlussleistung in MVA an der Kuppelstelle Q zum Netz. Die Kurzschlussleistung hangt stark vom Aufbau des Netzes Die Kurzschlussleistung hangt stark vom Aufbau des Netzes (Strahlen– oder Maschennetz) sowie von der Anzahl der Einspeisepunkte ab. Der Faktor 1,1 wird bei Kurzschlussbetrachtungen verwendet. Bei Untersuchungen im Normalbetrieb, wie z. B. Lastflussberechnungen, wird dagegen das Strom- und Spannungsverhalten ohne den Faktor 1,1 besser beschrieben.

Bestimmung der Längsimpedanz des Transformators:

Die Längsimpedanz eines Transformators kann mit

abgeschätzt werden. Hierbei ist die auf die Bemessungsspannung in kV prozentual bezogene Kurzschlussspannung und die Bemessungsleistung des Transformators in MVA. Der ohmsche Widerstand kann meistens vernachlässigt werden ( ≈ ).

Bestimmung der Längsimpedanz von Leitungen:

Den größten Beitrag zur äquivalenten Längsimpedanz an einem NVP haben in der Regel die Leitungen. Die Längsimpedanz einer Leitung ergibt sich aus

und

mit den entsprechenden induktiven und ohmschen Belägen und in Ω/km sowie der Stromkreis-länge in km.

Umrechnung der Längsimpedanz auf jeweilige eine Spannungsebene:

Die mit Längsimpedanzen der Betriebsmittel beziehen sich auf die jeweilige Spannungsebene und können durch das Übertragungsverhältnis des Transformators von der Oberspannungsseite (OS) auf die Unterspannungsseite (US) mit

und

umgerechnet werden.


Beispiel für die Abschätzung der Netzimpedanz an einem Mittelspannungsanschluss:


In der folgenden Abbildung ist eine Abschätzung der Kurzschlussimpedanz am Ende eines 10-kV-Kabels anhand von Kenndaten aufgezeigt. Das Kabel wird über einem Transformator aus einem überlagerten 110-kV-Netz gespeist. Mit der Vereinfachung Z(Q) = X(Q) und Z(T) = X(T), ergibt so die resultierende Längsimpedanz am NVP.




Abbildung: Abschätzung der Netzimpedanz (b) an einem 10-kV-Anschluss anhand von Betriebsmittel-kenndaten (a)

Allerdings haben in der Praxis noch weitere Betriebsmittel einen Einfluss auf die Netzimpedanz an einem NVP. Hierzu zählen vor allem Längselemente von Schutz- und Schalteinrichtungen wie strombegrenzende Drosselspulen, Leistungsschalter oder Sicherungen. Diese erhöhen die Kurzschlussimpedanz und verringern entsprechend den Kurzschlussstrom. Darüber hinaus wird die Impedanz an einem NVP bei der Netznennfrequenz noch von Lasten und Erzeugern mitbestimmt. Die Kenndaten sind dabei häufig nicht genau bekannt und variieren zudem zeitlich. Verbraucher und Erzeuger sind dabei Queradmittanzen und führen ebenso wie kapazitive und ohmsche Querkopplungen in Betriebsmitteln zu einer leichten Absenkung der resultierenden Impedanz bei der Netzfrequenz. Queradmittanzen wirken sich jedoch hauptsachlich auf den Frequenzverlauf der Impedanz oberhalb von 50/60Hz durch Resonanzeffekte aus.

Fazit:

Die Längsimpedanz eines elektrischen Anschlusspunktes lässt sich bei ausreichend Informationen über die Betriebsmittel mit relativ wenig Aufwand abschätzen. Aufgrund vieler unbekannter Parameter ist die Abschätzung der Längsimpedanz jedoch häufig mit großen Unsicherheiten behaftet.

Messtechnische Lösungen der morEnergy GmbH:

Eine exakte Identifikation der Netzimpedanz kann in vielen Fällen nur messtechnisch erfolgen. Hierfür hat die morEnergy GmbH die ONIS-Systeme entwickelt. ONIS steht für Online-Network-Impedance-Spectrometer. Mit den Systemen lassen sich Impedanzen von Netzanschlusspunkten sowie von elektrischen Verbrauchern- und Erzeugern im laufenden Betrieb unter Spannung messen. Zudem sind die Systeme vollwertige Transienten-Recorder sowie Power-Quality-Analysatoren. Die ONIS-Systeme können sowohl gekauft als auch gemietet werden. Des Weiteren bietet die morEnergy GmbH neben Messdienstleistungen mit den ONIS-Systemen auch Netzsimulationen und viele weitere technische Consulting und Service-Dienstleistungen an. Weitere Informationen zu den ONIS-Systemen sowie zu den Dienstleistungen der morEnergy GmbH sind unter www.morEnergy.net zu finden.

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